Veranstaltungen im Dezember 2016
Junges Theater, Göttingen
„Inopportun“: Als Jude in der Politik nach 1945 nicht erwünscht
Fritz Bauer — Lesung und Gespräch mit Ronen Steinke
Veranstaltet von OLAfA (Offene Linke – Alles für Alle)
Fritz Bauer, 1903 in Stuttgart geboren, erfährt früh den Antisemitismus des Kaiserreichs am eigenen Leib. Als Jude und überzeugter Sozialdemokrat wird er 1933 von den Nazis verhaftet und mehrere Monate im Konzentrationslager Heuberg inhaftiert, bevor er 1936 zunächst ins dänische und 1943 wegen der Deportationen dänischer Jüdinnen und Juden ins schwedische Exil geht.
Zurück in Deutschland kämpft er nach 1949 als Staatsanwalt unermüdlich für die Auseinandersetzung der Deutschen mit ihrer Nazi-Vergangenheit. Zu einer Zeit, in der die Justiz von braunen Seilschaften durchzogen ist, kooperiert er mit dem Israelischen Geheimdienst, was zur Festnahme Adolf Eichmanns führt, und setzt den großen Frankfurter Auschwitz-Prozess durch. Dabei wird auch seine eigene persönliche Geschichte zum Politikum.
Ronen Steinke schildert eindrucksvoll Bauers Biografie, die nach seinem Tod 1968 für lange Zeit in Vergessenheit geriet.
Reformierte Gemeinde Göttingen, Untere Karspüle 11, Göttingen
„Es ist auch meine Geschichte“. Stadtteilmütter auf den Spuren des Nationalsozialismus
Veranstaltet von Aktion Sühnezeichen Friedensdienste e.V. (Regionalgruppe Südniedersachsen)
Dieser Film von Julia Oelkers zeigt drei Berliner Stadtteilmütter, die im Rahmen ihrer Ausbildung eine jüdische Synagoge, ein ehemaliges nationalsozialistisches „Zigeunerlager“ und zusammen mit einer Shoah-Überlebenden den Ort besuchen, von wo aus deren Verwandte in den Tod deportiert wurden. Stadtteilmütter helfen bei lebensalltäglichen Fragen von Eltern mit Migrationshintergrund, auch interkulturelle und sprachliche Herausforderungen kommen dabei in den Blick. „Interkulturelle Geschichte“ könnte man es also nennen, wenn sie nun wiederum sich mit sogenannter „deutscher“ Geschichte beschäftigen, aber auch die eigene Geschichte als eine solche erzählen und nach Berührungspunkten suchen. Der Film versucht einen Einblick darin zu geben, wie wichtig solch ein Dialog sein kann.
Apex, Burgstraße 46, Göttingen
Fritz Bauer: „Gerichtstag halten über uns selbst“
Szenische Lesung zum Auschwitzprozess
Unter Mitwirkung des Gipsy-Swing‐Ensembles
Veranstaltet von Amnesty International Göttingen (Gruppe 1117)
Bildrechte wurden Dieter Schenk vom Fritz Bauer Institut für Zwecke der szenischen Lesung übertragen
Der hessische Generalstaatsanwalt Dr. Fritz Bauer (1903-1968), der den Frankfurter Auschwitzprozess gegen den Widerstand in Justiz, Politik und Gesellschaft durchsetzte, wollte durch von ihm eingeleitete Strafverfahren über die Zeit des Nationalsozialismus aufklären und die Ursachen des Nationalsozialismus durchsichtiger machen.
Obwohl es Bauer um den historischen Hintergrund und nicht in erster Linie um die Bestrafung der Täter ging, vertrat er die Auffassung, dass sich jeder des Mordes schuldig machte, der irgend eine Funktion im Räderwerk der Vernichtung inne hatte. Es habe „nicht nur Hitler und Himmler gegeben, sondern Hunderttausende, Millionen anderer, die das, was geschehen war, nicht nur durchgeführt haben weil es befohlen war, sondern weil es ihrer eigenen Weltanschauung entsprach, zu der sie sich aus freien Stücken bekannt hatten“.
Weiterlesen ...Begegnungszentrum Löwenstein, Rote Straße 28, Göttingen
Einstimmung auf Chanukka
Veranstaltet von der Jüdischen Kultusgemeinde für Göttingen und Südniedersachsen e.V.
Chanukka erinnert an die Zeit, in der Jüdinnen und Juden durch strikte Gesetzte, wie beispielsweise das Verbot ihrer Religionsausübung, unter griechischer Herrschaft litten. Nachdem Jüdinnen und Juden die Griechen zurückgedrängt hatten, wurde der Tempel neu eingeweiht. Chanukka erinnert an diese Neueinweihung, die Bewahrung der jüdischen Religion, sowie Hoffnung für Zukunft und Gegenwart.
In diesem Jahr wird Chanukka erst Ende Dezember gefeiert — die acht Tage beginnen am Heiligabend. Deshalb wollen wir uns zur Einstimmung am 4. Advent mit der Bedeutung jüdischer Traditionen für das Überleben des jüdischen Volkes in der wechselvollen zweitausendjährigen Geschichte seit der Zerstörung des zweiten Tempels durch die Römer beschäftigen. Zahlreiche Pogrome und nicht zuletzt der Holocaust hatten die Ausrottung zum Ziel.
Kino Lumière, Geismar Landstraße 19, Göttingen
Filmvorführung: „Triumph des guten Willens“
in Anwesenheit des Regisseurs Mikko Linnemann mit anschließender Diskussion
Veranstaltet von f_act – feministische Aktion
Der vorerst letzte Teil der Reihe „Wie erinnern?“ setzt sich filmisch mit den Texten des Publizisten Eike Geisel (1945-1997) auseinander. Im Zentrum stehen Geisels Kritiken an der deutschen Erinnerungspolitik und seine These über die „Wiedergutwerdung der Deutschen“. Texte Geisels aus den 1990er Jahren, u. a. über die Neue Wache und das Holocaust-Mahnmal in Berlin, kontrastieren die heutigen Bilder der beschriebenen Gedenkstätten. Sie zeigen eine Normalität, die es eigentlich nicht geben dürfte.
Zudem analysieren ausführliche Interviews mit Alex Feuerherdt, Klaus Bittermann, Hermann L. Gremliza und Henryk M. Broder Geisels Thesen in Hinblick auf die gesellschaftlichen Verhältnisse heute.
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