Veranstaltungen im Januar 2014 :: Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus

Veranstaltungen im Januar 2014

Mittwoch, 8. Januar 2014, 15.30 Uhr
Freie Altenarbeit, Am Goldgraben 14, Göttingen

Ein deutsches Kriegskind und sein schwieriger Platz in der „Volksgemeinschaft"

Erzählcafé: Katja Langenbach berichtet über ihr Leben als Kriegskind mit jüdischen Wurzeln

Veranstaltet von der Freien Altenarbeit Göttingen

Die unterschiedlichen Erfahrungen, die Kriegskinder innerhalb Deutschlands gemacht haben, werden oft vergessen. Das Wissen über die vielen individuellen Schicksale kann uns aber helfen, diese Zeit besser zu begreifen. Katja Langenbach wird von ihrem Leben während der Zeit des Nationalsozialismus erzählen und berichten, was es bedeutete, einen — wenn auch getauften — jüdischen Vater zu haben. Auch nach Kriegsende 1945 blieb viel Gedankengut aus der Vergangenheit in der Gesellschaft lebendig, wurde nicht aufgearbeitet und prägte somit das weitere Leben unserer Erzählerin.

Donnerstag, 9. Januar 2014, 19 Uhr
Gemeindesaal der Reformierten Gemeinde, Untere Karspüle 11, Göttingen

„Aktion 1005“. Wie die Nazis die Spuren ihrer Massenmorde in Osteuropa beseitigten

Lesung, Vortrag und Diskussion mit dem Historiker Jens Hoffmann (Berlin)

Veranstaltet von der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit und der Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes — Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA)

Im Januar 1942, nachdem die Rote Armee den Vormarsch der Wehrmacht auf Moskau gestoppt hatte, begann die nationalsozialistische Staatsführung Vorsorge zu treffen für den Fall ihrer Niederlage. Unter der Tarnbezeichnung „Aktion 1005“ ließ sie von Frühjahr 1943 an zahlreiche Kommandos aufstellen, die die Spuren deutscher Verbrechen nach einem immer gleichen Muster beseitigten: Mehrheitlich jüdische Häftlinge wurden von Beamten des Sicherheitsdienstes (SD) und Angehörigen nazideutscher Polizeieinheiten gezwungen, Massengräber zu öffnen, die Leichen aus den Gräbern zu holen und auf Scheiterhaufen zu verbrennen, bevor schließlich auch sie selbst ermordet wurden.

Jens Hoffmann hat sich der Erforschung der „Aktion 1005“ in zwei Büchern gewidmet. Gestützt vor allem auf Aussagen und Berichte der wenigen überlebenden Arbeitshäftlinge sowie auf Protokolle staatsanwaltschaftlicher Vernehmungen ehemaliger Kommandoangehöriger hat er erstmals den Versuch unternommen, die von Deutschen und ihren Helfern während des Zweiten Weltkriegs begangenen Massenverbrechen und die Verwischung der Spuren dieser Verbrechen im Zusammenhang darzustellen.

In seinem Vortrag wird er einen Überblick zur Organisation und Praxis, zu den Tätern, Tatorten sowie zur juristischen und historiographischen Aufarbeitung der „Aktion 1005“ geben. Als Ergänzung liest der Autor aus seinen beiden Büchern zum Thema, die den unterschiedlichen Blick von Überlebenden und Tätern auf die Verbrechen der „Aktion 1005“ verdeutlichen.

Sonntag, 19. Januar 2014, 14 Uhr
Kulturcafe in der Jüdischen Gemeinde, Angerstraße 14, Göttingen

Petersburg in der russischen Literatur von Puschkin bis Anna Achmatova

Vortrag und Lesung von Ilse Koppe (Göttingen)

Veranstaltet von der Jüdischen Gemeinde Göttingen

St. Petersburg — Petrograd — Leningrad: Die schönste, aber auch künstlichste und „unrussischste" aller russischen Städte wurde seit ihrer Gründung durch Zar Peter den Großen im Jahre 1703 von russischen Dichtern gepriesen und verflucht. Dies veranschaulichen Textbeispiele aus der Dichtung Puschkins und Lermontovs, Gogols und Dostojevskijs im 19. Jahrhundert, Aleksandr Bloks und Anna Achmatovas im 20. Jahrhundert.

Sonntag, 19. Januar 2014, 16 Uhr
Holbornsches Haus, Rote Straße 34, Göttingen

„Mir kann doch nichts geschehen…“ — „Nesthäkchen kommt ins KZ“
Annäherung an Else Ury

Lernnachmittag mit Marianne Brentzel

Veranstaltet von der Jüdischen Kultusgemeinde für Göttingen und Südniedersachsen und vom Jüdischen Lehrhaus Göttingen

Montag, 20. Januar 2014, bis Sonntag, 2. Februar 2014
Geöffnet: montags bis freitags von 10 bis 12 Uhr und von 15 bis 18 Uhr, sonntags von 11 bis 13 Uhr
Galerie Alte Feuerwache, Am Ritterplan 4, Göttingen

„Niemand ist vergessen und nichts ist vergessen!"
(Olga Fjodorovna Bergholz)

Eine Ausstellung zur Erinnerung an die Opfer im belagerten Leningrad von 1941 bis 1944

Ausstellungseröffnung mit dem russischen Pianisten Igor Kirillov und der Zeitzeugin Lea Sorina am Montag, 20. Januar 2014, um 18 Uhr

Veranstaltet vom Bündnis „Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus — 27. Januar“ und der Jüdischen Gemeinde Göttingen

Nach 900 Tagen der Belagerung durch die deutsche Wehrmacht wurde Leningrad am 27. Januar 1944 befreit. Der 70. Jahrestag gibt Anlass, insbesondere der Opfer des Vernichtungs­krieges, der sich unter dem Decknamen „Unternehmen Barbarossa" gegen die damalige Sowjetunion richtete, zu gedenken und sich dabei erneut mit der brutalen Strategie der systematischen Vernichtung von Menschen unter den Nationalsozialisten auseinander­zu­setzen. Dazu wurde von der jetzt in Göttingen lebenden Zeitzeugin Lea Sorina und der hiesigen Jüdischen Gemeinde eine Ausstellung initiiert und zusammengestellt. Verschiedene Veran­staltungen in der Reihe nehmen darüber hinaus das Thema auf, vergegenwärtigen die Lebensumstände und das Leiden der Menschen in der belagerten Stadt und geben Gelegen­heit, anhand biographischer Notizen und geschichtlicher Informationen, an die Opfer zu erinnern und ihnen dadurch Gesicht und Namen zu geben. Niemand und nichts bleibt vergessen.

Die Befreiung Leningrads erfolgte wie die Befreiung von Auschwitz 1945 am 27. Januar, dem heutigen Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus. Das fordert uns dazu auf, an die Shoah zu erinnern und zugleich die verbrecherischen Dimensionen des Unrechtssystems der Nationalsozialisten in ihrer Vielschichtigkeit und Komplexität zu begreifen.

Mittwoch, 22. Januar 2014, 15.30 Uhr
Freie Altenarbeit, Am Goldgraben 14, Göttingen

„Mein geliebter Großvater... ich wünschte er hätte sich verweigert":
Zum Umgang mit NS-Geschichte(n) heute

Erzählcafé spezial: Vortrag von Daniel Gaede (KZ-Gedenkstätte Buchenwald)

Veranstaltet von der Freien Altenarbeit Göttingen

Welche Spielräume gab es während des Nationalsozialismus? Wer hat diese wie genutzt? Welche Wertvorstellungen waren ausschlaggebend für dieses Verhalten? Wie können die Nachgeborenen die Vergangenheit mit Blick auf Gegenwart und Zukunft so thematisieren, dass ein tieferes Verständnis füreinander entwickelt und Normen für das eigene Verhalten fundiert werden können? All diese Fragen möchte Daniel Gaede, Leiter der Gedenk­stätten­pädagoik in der KZ-Gedenkstätte Buchenwald, mit seinem Vortrag und der anschließenden Diskussion beleuchten.

Mittwoch, 22. Januar 2014, 19 Uhr
Gemeindesaal der Jüdischen Gemeinde, Angerstraße 14, Göttingen

Ungesühnte Kriegsverbrechen: Der Göttinger General Hoßbach als Kriegsverbrecher im Vernichtungskrieg der Wehrmacht

Vortrag und Diskussion mit dem Soziologen Martin Heinzelmann (Göttingen)

Veranstaltet von der Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes — Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA)

In Göttingen wurde der Erinnerungskult um die Wehrmacht maßgeblich vom ehemaligen General Friedrich Hoßbach geprägt. Zahlreiche Prominente und Tausende von Menschen nahmen an diesen wehrmachtsverherrlichenden Veranstaltungen im Nachkriegsdeutschland teil. Doch von der Beteiligung deutscher Soldaten am Vernichtungskrieg konnte man dort nichts erfahren. Dieser Teil der Geschichte blieb bewusst ausgeblendet. Der Soziologe Martin Heinzelmann zeigt in seinem Vortrag auf, dass General Hoßbach nicht nur Mitwisser, sondern selbst Mittäter war. Hoßbach hatte auf dem Territorium der damaligen Sowjetunion verschiedene hohe Kommandostellen inne. In seinem Befehlsbereich waren Terror gegen die Zivilbevölkerung und die Verschleppung von Zwangsarbeitern an der Tagesordnung. Neben einem kurzen Überblick über die verbrecherische Kriegsführung wird seine bisher weitgehend unbekannte Beteiligung an der „Operation Zwillinge“ im März 1944 näher erläutert. Beim weißrussischen Dorf Osaritschi beispielsweise trieb Hoßbachs 56. Panzerkorps in Zusammen­arbeit mit dem SS-Sonderkommando 7a über 40.000 „arbeitsunfähige Zivilisten“ zusammen. Binnen einer Woche waren fast 8.000 von ihnen ermordet.

Mit der Veranstaltung wollen wir erneut öffentlich machen, in welcher Form und Dimension auch Göttinger Wehrmachtseinheiten aktiv an der grausamen Vernichtungspolitik gegen jüdische und slawische Bevölkerung auf dem Gebiet der Sowjetunion beteiligt waren. Wir wollen damit auch den immer noch wabernden Nebelschleier einer vermeintlich „ehren­werten Wehrmacht“ lüften und zu einer kritischen Betrachtung der hiesigen regionalen Militärgeschichte beitragen.

Sonntag, 26. Januar 2014, 19 Uhr
Gemeindesaal der Reformierten Gemeinde, Untere Karspüle 11, Göttingen

„Was ist der Mensch?“
Konzert zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus (27. Januar)

Veranstaltet vom Bündnis „Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus — 27. Januar“, der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit und der Projektwerkstatt „Spurensuche“ Hoher Hagen

Die Mezzosporanistin Annette Willing, Vorsängerin in der Jüdischen Liberalen Gemeinde Emet weSchalom in Felsberg (Nordhessen), singt liturgische Gesänge aus der Synagoge zum Totengedenken. Zu hören sind Werke von Ben Steinberg, Abraham Zwi Idelsohn, Max Goldstein, Lazare Saminsky und anderen Komponisten des 19. und 20. Jahrhunderts. Außerdem kommt vertonte Lyrik aus den Ghettos in Osteuropa von Alex Wolkowyski, Selma Meerbaum-Eisinger und Shaul Tchernichovsky zu Gehör. Begleitet wird die Sängerin von dem Pianisten Martin Forciniti.

Montag, 27. Januar 2014, 18 Uhr
Gemeindesaal der Reformierten Gemeinde, Untere Karspüle 11, Göttingen

Deutsche Hungerpolitik im Zweiten Weltkrieg:
Das belagerte Leningrad 1941-1944

Vortrag des Historikers Jörg Ganzenmüller (Jena)

Veranstaltet vom Bündnis „Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus — 27. Januar“ und der Jüdischen Gemeinde Göttingen

Die Belagerung Leningrads durch die Wehrmacht gehört zu den größten Stadtkatastrophen im Zweiten Weltkrieg. Nahezu 900 Tage lang — vom 8. September 1941 bis zum 27. Januar 1944 — war die Metropole an der Newa eingeschlossen. Als Folge der Blockade starben rund eine Million Menschen, die weitaus meisten durch Hunger und Mangelkrankheiten. Der Vortrag stellt die Belagerung in den Kontext der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik und zeigt die Auswirkungen für die Leningrader Zivilbevölkerung.

Mittwoch, 29. Januar 2014, 19 Uhr
Kino Lumière, Geismar Landstraße 19, Göttingen

„Die Blockade“

Dokumentarfilm von Thomas Kufus und Zeitzeugengespräch mit Lea Sorina

Veranstaltet von DGB und DGB-Jugend Region Südniedersachsen-Harz

Die Leningrader Blockade war und ist ein Beispiel für den Vernichtungsgedanken, mit dem die Wehrmacht den Angriff auf die Sowjetunion durchführte. Der Film (BRD 1992, 93 Minuten) berichtet nicht wie so oft aus glorifizierender Sicht des Militärs, sondern aus der Perspektive der Zivilbevölkerung. Zeitzeug_innen erzählen im Werk von Thomas Kufus von ihren Erlebnissen und Entbehrungen während dieser Zeit. Sie liefern ein persönliches Bild von den Auswirkungen des „Heeresbefehls für die Einschließung der Stadt Leningrad“.

Donnerstag, 30. Januar 2014, 14 Uhr
Treffpunkt: Aula der Universität, Wilhelmsplatz 1, Göttingen

„Geschichte Göttingens im Nationalsozialismus“ — Ein Stadtrundgang

Dauer: ca. 1,5 Std.

Veranstaltet von der Geschichtswerkstatt Göttingen

Mit diesem neu konzipierten Stadtrundgang möchte die Geschichtswerkstatt Göttingen einen Einblick in den Alltag der Göttinger Bevölkerung zur Zeit des Nationalsozialismus vermitteln. Anhand von ausgewählten Themen richten wir den Blick nicht nur auf die Opfer von Entrechtung, Verfolgung und Deportation, sondern auch auf die Täter und Täterinnen vor Ort. Stationen des Rundgangs werden u.a. die Göttinger Universität im Nationalsozialismus, die Situation an den Schulen, die Bedeutung der NS-Zwangsarbeit und die Verfolgung der jüdischen Bevölkerung sein.