Veranstaltungen im Dezember 2014 :: Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus

Veranstaltungen im Dezember 2014

Dienstag, 2. Dezember 2014, 19 Uhr
Holbornsches Haus, Rote Straße 34, Göttingen

Emil Carlebach — Leben eines Antifaschisten und Kommunisten

Veranstaltet von der Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes — Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) in Kooperation mit der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend (SDAJ)

Am 10. Juli 2014 wäre der 2001 verstorbene Emil Carlebach 100 Jahre alt geworden. Aufgewachsen in einer jüdischen Kaufmannsfamilie in Frankfurt am Main trat er 1931 in den Kommunistischen Jugendverband ein und wurde aktiv gegen die aufkommende Nazi-Bewegung. Auch nach 1933 beteiligte er sich am antifaschistischen Widerstand, wurde verhaftet und in die Konzentrationslager Dachau und Buchenwald gesperrt. In Buchenwald war er Teil der Leitung des illegalen antifaschistischen Lagerkomitees und aktiv an der Selbstbefreiung des Lagers im April 1945 beteiligt. Nach 1945 wurde er Mitgründer der Frankfurter Rundschau sowie der Lagergemeinschaft Buchenwald-Dora und der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN). Bis ins hohe Alter engagierte er sich aktiv gegen Faschismus und Militarismus.

Über sein Leben und Wirken werden Ulrich Schneider, Bundessprecher der VVN-BdA und Geschäftsführer der Lagergemeinschaft Buchenwald-Dora, sowie Lena Carlebach, Enkelin von Emil Carlebach, berichten.

Mittwoch, 3. Dezember 2014, 15.30 Uhr
Göttinger Zeitzeugenprojekt, Am Goldgraben 14, Göttingen

„Gedenken anders denken: Arbeit für den Frieden“

mit Kristina Blömer

Veranstaltet von der Freien Altenarbeit Göttingen

„Versöhnung, Verständigung, Freundschaft — Arbeit für den Frieden“: Dieser Text ist auf den Plakaten des Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. zu lesen. Viele Menschen wissen nur wenig über diese Arbeit für den Frieden, ordnen sie gar eher militärischer als pazifistischer Arbeit zu. Doch der Wertewandel, den es seit der Gründung im Jahr 1919 innerhalb des Volksbundes gab, ist unübersehbar.

Kristina Blömer, Jg. 1983, Regionalbeauftragte Hessen Nord, wird über Friedens-, Bildungs-, Jugend- und historische Arbeit, über gemeinsames Gedenken und die Geschichte des Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. sowie über ihre eigenen Bezüge zum Thema erzählen.

Moderation: Dr. Hartmut Wolter.

Mittwoch, 3. Dezember 2014, 18 Uhr
Holbornsches Haus, Rote Straße 34, Göttingen

Oradour — Geschichte eines Massakers der Waffen-SS

Lesung mit der Journalistin und Autorin Florence Hervé

Veranstaltet von der Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes — Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) und dem Bildungswerk ver.di

Als „Vergeltungsaktion“ für Partisanenüberfälle ermordete die 2. SS-Panzer-Division „Das Reich“ am 10. Juni 1944 die Bevölkerung des kleinen französischen Dorfes Oradour-sur-Glane. 642 Menschen, darunter 207 Kinder, fielen diesem Massaker zum Opfer. Das Dorf wurde anschließend von der SS niedergebrannt. Es gab lediglich sechs Überlebende. Heute ist es eine Gedenkstätte des antifaschistischen Widerstands. Während in Frankreich Oradour für jeden ein Begriff ist, wird in Deutschland nur selten an dieses Massaker erinnert.

Florence Hervé beschäftigt sich seit vielen Jahren mit den Terroraktionen der deutschen Besatzer in Frankreich und insbesondere auch mit dem Fall Oradour. Gemeinsam mit dem Fotografen Martin Graf hat sie dieses Jahr in deutscher Sprache ein Buch zum Massaker von Oradour-sur-Glane herausgegeben, aus welchem sie Passagen lesen wird.

Donnerstag, 4. Dezember 2014, 17 Uhr
Gemeindesaal der Jüdischen Gemeinde, Angerstraße 14, Göttingen

Lebende Erinnerungen: Im Ghetto von Odessa

Erzählcafé mit Dr. Alexander Schissel

Veranstaltet von der Projektwerkstatt „Spurensuche“ auf dem Hohen Hagen und der Jüdischen Gemeinde in Kooperation mit dem Hainberg-Gymnasium

Als Kind im Ghetto, im Gefängnis, in der Strafkolonie, ein „Trauermarsch“ durch verschiedene Lager, wie er es selbst nennt. Das sind die Stationen unseres Zeitzeugen aus Odessa, der in Göttingen lebt und im Gespräch und in der Begegnung mit Schülerinnen und Schülern des Hainberg-Gymnasiums seine Kindheit und die Schrecken des Zweiten Weltkrieges in der Ukraine erinnert und davon ausführlich und eindrücklich zu erzählen weiß.

Der Nachmittag wird durch eine mit dem Zeitzeugen und der Schülergruppe gemeinsam erarbeitete Ausstellung eingerahmt.

Donnerstag, 4. Dezember 2014, 19.30 Uhr
Kino Lumière, Geismar Landstr. 19, Göttingen

„und brecht mit Eurem Vater“

Lesung und Gespräch mit Niklas Frank

Veranstaltet von der OLAfA (Offene Linke — Alles für Alle) in Zusammenarbeit mit dem Theaterkeller Göttingen

„und brecht mit Eurem Vater“. Diesen Imperativ Jean Amérys an die Kinder der Nazitäter hat wohl kaum jemand in der bundesdeutschen Nachkriegsgeschichte so radikal eingelöst wie Niklas Frank. Niklas Frank, geboren 1939, ist der Sohn von Hans Frank, zwischen 1939 und 1945 der Generalgouverneur des besetzten Polen. Hans Frank, „der Schlächter von Polen“, wurde 1946 im Nürnberger Prozess zum Tode verurteilt und hingerichtet. 1987 veröffentlicht Niklas Frank mit „Der Vater. Eine Abrechnung“ eine minutiös recherchierte, verstörende und schonungslose Auseinandersetzung mit dem Vater. Noch heute trägt Niklas Frank ein Bild des toten Vaters immer bei sich: um jeden Tag sicherzugehen, dass er wirklich tot ist. 2005 folgt mit „Meine deutsche Mutter“ das Buch über die Frau, die den kleinen Niklas mit ins Ghetto nahm, wenn sie von Jüdinnen und Juden die letzten Wertgegenstände erpresste. 2013 vollendet Niklas Frank die Trilogie über seine Familie mit Bruder Norman. Niklas Frank sagt im Interview mit der taz: „Ich habe unsere Familie vor der Öffentlichkeit nackt ausgezogen. Das war absolut nötig, denn wir haben Millionen andere Familien sich ausziehen lassen, bevor wir sie vergast haben.“

Niklas Frank liest an diesem Abend aus allen drei Büchern. Wir sprechen mit ihm über die Auseinandersetzung mit der eigenen Familiengeschichte, die vermeintliche Vergangenheitsbewältigung der deutschen Nachkriegsgesellschaft und die Verantwortung der Kinder- und Enkelgeneration.

Sonnabend, 6. Dezember 2014, 14.30 Uhr
KZ-Gedenkstätte Moringen, Lange Str. 32, Moringen

Führung zum Jugend-KZ Moringen

mit Hans Helms

Nähere Informationen und Anmeldung:
05554-2520 oder info@gedenkstaette-moringen.de

Veranstaltet von der KZ-Gedenkstätte Moringen

Die Häftlinge des Jugend-KZ Moringen waren SS-Terror, Hunger und Zwangsarbeit ausgesetzt. Ab 1941 war das Jugend-KZ Experimentierfeld innerhalb der NS-Rassenpolitik. Unter Leitung von Dr. Robert Ritter versuchten sogenannte Kriminalbiologen ihre These, wonach Kriminalität und „Asozialität“ erblich bedingt seien, mit pseudowissenschaftlichen Untersuchungen an den Häftlingen zu belegen.

Mittwoch, 10. Dezember 2014, 19.05 Uhr
Saal über dem Fan-Raum der Supporters Crew 05 e.V., Obere Maschstr. 10, Göttingen

Dietrich Schulze-Marmeling liest aus „Davidstern und Lederball“

Im Anschluss: Ludolf Katz–Gedenktafel-Enthüllung

Veranstaltet von der Supporters Crew 05 e.V. in Kooperation mit der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit Göttingen e.V.

Jüdische Sportler und Mäzene spielten in den frühen Jahren des Fußballs in Deutschland eine wesentliche Rolle. Jüdische Pioniere waren an prominenten Vereinsgründungen wie Bayern München oder Eintracht Frankfurt beteiligt, jüdische Kicker verstärkten die Nationalmannschaft, jüdische Förderer trugen dazu bei, den Fußball zur Massensportart zu machen. Dieses Engagement, das ab 1933 ein gewaltsames Ende fand und seither in Vergessenheit geriet, wird von den Autoren erstmals ausführlich beschrieben. Dabei thematisieren sie auch die Diskriminierung, der jüdische Fußballer vielfach noch heute ausgesetzt sind.

Donnerstag, 11. Dezember 2014, 18 Uhr
Gemeindesaal der Jüdischen Gemeinde, Angerstraße 14, Göttingen

Die Belagerung Leningrads — Gedächtnis und Erinnerung

Vortrag des Historikers Dr. Jörg Ganzenmüller, Universität Jena

Veranstaltet von der Projektwerkstatt „Spurensuche“ auf dem Hohen Hagen und der Jüdischen Gemeinde in Göttingen

Die Bilder aus dem belagerten Leningrad sind noch präsent. Die Ausstellung „Niemand und nichts ist vergessen“ wandert weiter durch Göttinger Schulen und in andere Städte. Doch wie ist das mit der Erinnerung? Was bleibt im Gedächtnis? Der 70. Jahrestag der Aufhebung der Blockade im Januar 1944 gibt Anlass, die unterschiedlichen Traditionen der Erinnerung aus sowjetischer und deutscher Perspektive aufzuzeigen und aufzuarbeiten. Der Referent knüpft dabei an seinen Vortrag über die Hungerpolitik vom 27. Januar dieses Jahres an.